Die Spielplatzsaison ist wieder eröffnet und ich muss zugeben, dass ich nicht unbedingt die Spielplatz-Mama bin. Also nicht, wenn es um die gekennzeichneten und als solche ausgewiesenen Spielplätze mit Schaukel, Rutsche, Wippe, Sandkiste und Klettergerüst geht. Obwohl ich Sandspielen und Schaukeln echt gern mag 🙂
Für mich ist Spielplatz irgendwie überall. Überall, wo meine Entdecker- und Spielfreude geweckt wird. Und diese Neugier und Freude möchte ich auch an Fräulein Kunterbunt weitergeben.

Gemeinsam erkunden wir auf unseren kreativen Expeditionen die Welt.
Zum Beispiel den Tiergarten Schönbrunn (und dabei oft gar nicht die Tiere, sondern die weitläufigen Gehwege, die Kiesbeete, die kleinen Rampen zum Pandahaus, die Holzgeländer, die Stufen im Giraffenpark, der Kanaldeckel im Aquariumshaus,…. – aber dazu hab ich ja in meinem Blogbeitrag Mark Rothko, Maria mit Kind und Marmorstufen schon geschrieben).

Und oft entdeckt sie die Welt, während ich ihr mit etwas Abstand zuschaue und staune, was ihr so auffällt und einfällt J. Oft Dinge, die für mich schon so selbstverständlich sind und die Fräulein Kunterbunt immer wieder aufs Neue begeistern.
Dazu fällt mir eines meiner Lieblingslieder von Wir sind Helden ein, in dem es um das Wundern und Ver-Wundern geht: Die Zeit heilt alle Wunder.

Umso mehr freut mich, dass Julia Cameron in ihrem Buch The Artist´s Way for Parents ein Kapitel dem Thema Neugier und Spielen widmet. Dieses Kapitel möchte ich hier für Dich zusammenfassen und mit meinen Erfahrungen ergänzen.

Children explore the world with wonder. (Julia Cameron).

Kinder gehen neugierig durch die Welt und erforschen das Neue und das Unerwartete. Unser Job als Eltern besteht darin, ihnen dieses Entdecken zu ermöglichen. Indem wir ihr Spiel wertschätzen, schätzen wir ihre einzigartige und kreative Perspektive auf die Welt. Indem wir ihnen Materialien zur Verfügung stellen, die vielfältige Spielmöglichkeiten zulassen und Raum für Fantasie bieten, verleihen wir ihrer Imagination Flügel. Indem wir uns zurückhalten, ihr Spiel in eine bestimmte Richtung zu lenken, sondern sie in ihrem Spiel ermutigen und uns sogar davon anstecken lassen. Und für Kinder ist wohl eines der größten Geschenke, Eltern zu haben, deren eigene Neugier auf die Welt in voller Blüte steht.

Das Spielen ernst nehmen

In einer leistungsorientierten Gesellschaft ist es besonders wichtig, Raum für die Neugier und das Staunen zu bewahren. Auch uns Erwachsenen tut eine Portion kindliches Staunen gut. Nicht immer nur vernünftig sein, um bloß nicht “kindisch” zu sein.
Und da helfen Kinder schon ungemein, um diesem kindlichen Staunen als Erwachsener eine Berechtigung zu geben :-). Ich mein, ich hab ja echt Glück, dass ich in meinem Job so viel spielen darf. Denn Kreativität ist Spielen.
Doch manchmal fällt es leichter, mit einem Kind an seiner Seite in der U-Bahn zu singen, in Regenpfützen zu hüpfen oder durch Laubhaufen zu laufen 🙂

Do not fear mistakes, there are none. (Miles Davis)

Wenn wir mit dieser Haltung kindlicher Kreativität begegnen – einer Haltung, die vermittelt, dass es bei Kreativität nicht um Leistung, sondern um den Ausdruck unseres Selbst geht, zeigen wir den Kindern, dass es sicher ist, etwas zu wagen. Ein Ermutigen zum Erforschen und Entdecken, ein Zulassen von verrückten Ideen, ermöglicht ihnen, über sich hinauszuwachsen, in verschiedenen Lebensbereichen Risiken einzugehen, manchmal zu scheitern und letztlich aus diesen Erfahrungen zu lernen und zu wachsen.
Dazu kannst Du auch in folgenden meiner Blogbeiträge nachlesen:
77 Dinge, die ich nie gesehen hätte
Kritzelkratzel und Farbexplosion

Spielen ist wichtig – egal wie alt Du bist!

Menschen hören nicht auf zu spielen, weil sie alt werden, sie werden alt, weil sie aufhören zu spielen! (Oliver Wendell Holmes)

Und es reicht oft eine kurze Zeit des Spielens, um ein Gefühl der Leichtigkeit zu bekommen, mit der man die Hürden des Alltags bewältigt.
Wenn wir uns erlauben, zu spielen, verbinden wir uns mit einem Gefühl inneren Staunens und Sicherheit, einem Gefühl von Vertrauen.

Wenn wir dem kindlichen Spiel freien Lauf lassen, es nicht ständig überwachen, kommentieren, beeinflussen, oder mehr Fokus auf das Ergebnis als auf den Prozess richten, dann entsteht ein Gefühl von Freiheit, sowohl bei den Kinder als auch bei uns als Eltern. Wenn Du das Bedürfnis hast, das Spiel Deines Kindes zu überwachen oder ständig einzugreifen, dann solltest Du vielleicht selbst mehr spielen J

Übung: Die Wiederentdeckung des Spiels

Schreibe 5 Arten auf, wie Du als Kind gespielt hast.
Wie hast Du dich dabei gefühlt? Frei? Sicher? Offen?.
Wähle eines davon aus und ermögliche Deinem Kind die gleiche Erfahrung.
Ich habe mich frei gefühlt, als…..
Ich kann meinem Kind diese Erfahrung ermöglichen, indem ich……………..
Ich habe mich frei gefühlt, als…..
Ich kann meinem Kind diese Erfahrung ermöglichen, indem ich……………..
Ich habe mich frei gefühlt, als…..
Ich kann meinem Kind diese Erfahrung ermöglichen, indem ich……………..
Ich habe mich frei gefühlt, als…..
Ich kann meinem Kind diese Erfahrung ermöglichen, indem ich……………..
Ich habe mich frei gefühlt, als…..
Ich kann meinem Kind diese Erfahrung ermöglichen, indem ich……………..

Ich hatte solche Freiheitsgefühle beim Spielen mit meinem kleinen Bruder, beim Tanzen, beim Spielen in der Natur, beim kreativen Gestalten, beim Schaukeln, beim Schwimmen,… .
Mein Bruder ist noch immer ein toller Spiel-Kamerad, beim gemeinsamen Tanzen zu unserer Lieblingsmusik, beim Spielen in der Natur, beim Spiel mit Farbe, beim Schaukeln und Schwimmen kann ich auch meiner Tochter diese Erfahrung ermöglichen.

Grundmaterialien

„Making something from nothing“, eine Gabe, die wir alle besitzen, doch kleine Kinder haben da noch  ein besonderes Talent dazu. Kinder spielen mit dem, was ihnen zur Verfügung steht und wenn es „nur“ Äste und Matsch sind, oder Töpfe, Schüsseln und Löffel.
Das bedeutet nicht, dass wir kein Spielzeug kaufen dürfen, doch wenn möglich, sollte man Spielzeug kaufen, das mehr als eine Spielmöglichkeit hat. Die besten Spielzeuge haben Millionen Möglichkeiten! Z. B. Bausteine (Ich liebe diese bunten Haba-Bausteine und die Bioblo-Bausteine!)

Oft sind die einfachen Dinge die besten.

* Papier kann sich in verschiedenes verwandeln. Als Maluntergrund, zum Falten,
Reißen, Knüllen, … – der Altpapiersack bietet lange Beschäftigungsphasen 🙂
* Eine Kiste mit Verkleidungsutensilien (alte Hemden, Kleider, Socken, Hüte,
Brillen, Schmuck, Tücher…) – in unserem Fall ist es eine ihrer Kleiderladen.
* Knetmasse
* Bausteine oder andere Materialien zum Stapeln
* einfache Musikinstrumente
* Alltagsgegenstände (z.B. verschiedene Schachteln, Gefäße, Schüsseln,
Kluppen, Knöpfe, leere Aktenordner,…)
* Naturmaterialien (z.B. Muscheln, Steine, Zapfen, Blätter, ….)


Kinder befinden sich in einem Zustand, in dem sie die Fühler nach außen strecken und alle Ideen, die da draußen herumschwirren, aufnehmen. Wir lernen gerade da am meisten, wo wir uns überraschen lassen, wo wir noch nicht so genau wissen, was am Ende rauskommt.
Wenn Kinder den Raum haben, sich zu entfalten, dann füllen sie diesen Raum. Jedes Kind will wachsen, sich entfalten und erforschen.

Übung: Something from nothing – Etwas aus Nix machen:

Schreibe drei Materialien zum Experimentieren auf, die es bereits in Deinem Haushalt gibt. Denk dran: Oft sind die einfachsten Dinge die besten.
1……………………………
2……………………………..
3…………………………….
Biete Deinem Kind eines davon an und lass Dich überraschen, was ihr damit machen könnt. Egal, was euch einfällt, alles ist richtig.

Nicht zu viel einmischen

Kinder und Pflanzen wachsen nicht, wenn man ständig an ihnen zupft. Wir säen die Samen und dann müssen wir auch unsere Alltagsaufgaben erledigen. Wenn wir die ganze Zeit nur im Garten sitzen und darauf warten würden, bis sich die ersten Triebe zeigen, würden wir wohl verrückt werden. Das gleiche gilt für unsere Kinder. Wir können Spiele, Spielzeug und Ideen anbieten, aber was Kinder daraus machen, liegt nicht in unserer Hand.
Wir bieten den sicheren Hafen und eine unterstützende Atmosphäre. In dieser können unsere Kinder spielen und sich entfalten.
Wenn wir das kindliche Spiel zu sehr überwachen, kontrollieren und ständig eingreifen, Dinge für sie übernehmen,…, werden Kinder in ihrer Kreativität und ihrer Spielfreude eingeschränkt. Weil sie das Gefühl bekommen, es nie richtig zu machen, es nicht schnell genug zu machen,…. Wir vermitteln auch das Gefühl, dass sie es alleine nicht schaffen.

Auch wenn Kinder noch so klein sind, dass man sie nicht unbeaufsichtigt lassen kann, kann man ihnen dennoch einen Freiraum schaffen. Wenn die Umgebung kindersicher ist (gefährliche Gegenstände weggesperrt und außer Reichweite,…), dann kann das Kind in Sichtweite seiner eigenen Beschäftigung nachgehen, während wir unsere Dinge erledigen.
Wenn Kinder merken, dass wir ihnen vertrauen und ihnen etwas zutrauen, gewinnen sie dadurch auch Selbstvertrauen.
Nahe, aber nicht zu nahe, lautet das Motto für diese Kleinkindphase. Wie eine Weide, in deren Schatten die Kinder spielen können.

Übung: Interessen
Notiere 5 Deiner Interessen:
…………………………………………………………………………………………..
Notiere 5 Interessen Deines Kindes, die Dir nicht so vertraut sind:
………………………………………………………………………………………..

Kannst Du zulassen, dass sich diese Interessen entfalten?

Die Macht vom So tun als ob

Was immer du tun kannst oder erträumst zu können, beginne es.”  Goethe

Jeder Mensch ist kreativ, nur entfernen sich viele als Erwachsene von dieser Gabe. Wenn wir Kindern beim Spielen zuschauen, erinnern wir uns an die verspielte Seite in uns. Wir erinnern uns an unser Staunen. Wenn wir spielen, sind wir empfänglicher für die feine, leise Stimme der Inspiration, die uns ins Ohr flüstert.

Beim Rollenspiel, beim So tun als ob, erleben Kinder die Freiheit, verschiedene Rollen auszuprobieren und herauszufinden, welche für sie am angenehmsten ist. Und auch außerhalb dieser Spielsituation behalten sie ein Wissen darüber, über sich selbst und die Welt.

Übung: Puppe herstellen
Aus verschiedenen Materialien eine Puppe herstellen. Aus Socken, Holzstöcken, Stoffen, Papier, Legosteinen,….
Hier findest Du einige Ideen und Inspirationen.
Und sich dann mit dem Kind austauschen: Hat die Puppe einen Namen? Wo lebt sie? Wie alt ist sie? Was mag sie gern?…. Höre Deinem Kind zu, was es über die Puppe erzählt.
Vielleicht beschreibt es die Puppe so, wie es selbst ist. Dann fungiert sie als Identifikationsfigur.
Vielleicht ist sie auch ganz anders und das Kind experimentiert mit verschiedenen Rollenanteilen.

Ich wünsch Dir jedenfalls viel Spaß beim Spielen!
Vielleicht magst Du Dein Lieblingsspiel/das Lieblingsspiel Deiner Kinder als Kommentar hinterlassen.

liebe Grüße,
Melanie

Hier findest Du alle Beiträge meiner Artists Way for Parents – Entdeckungsreise.